Jundokan, to follow the footsteps of the master
Die Geschichte des Karate und seine Entwicklung in Österreich seit 1963 sind aus verschiedenen Publikationen des ÖKB u.a. übersichtsmäßig hinreichend bekannt.
Während in den frühen Jahren die Stilrichtungen Shotokan und Goju Ryu trainiert wurden, kamen in der Folge Wado Ryu und Shito Ryu als in Österreich anerkannte Stilrichtungen dazu.
Weniger bekannt dürfte jedoch die Entwicklung des Goju Ryu und seiner spezifischen Ausprägungen während der letzten 10 Jahre sein. Über diese, insbesondere in Hinblick auf die von Okinawa dominierte Ausprägung des Goju Ryu Jundo-Kan, berichtet der Verfasser in seiner Eigenschaft als offizieller Repräsentant des “Austrian Okinawa Goju Ryu Jundo-Kan”.
Ca. 20 Jahre lang, bis etwa 1989, war Takeji Ogawa Sensei, 7.Dan, der japanische Meister, der in Österreich Goju Ryu lehrte und als einziger Großmeister dieser Stilrichtung auch deren Inhalte und die Ausführungsformen der Kata definierte.
Gegen Ende der 70er-Jahre handelte er in Übereinstimmung mit der I.K.G.A. (International Karate-do Goju-kai Association), repräsentiert durch den legendären Großmeister Gogen Yamaguchi Sensei in Japan. Im Jahre 1985 wurde Ogawa San für mehrere Jahre mit der Funktion des Bundestrainers des ÖKB betraut.
Die Anzahl der Goju Ryu-Vereine und deren Mitglieder betrug damals max. 20% der Gesamttrainierenden im ÖKB. Als lokale Schwerpunkte hatten sich Linz, Steyr, Wien und Hollabrunn herauskristallisiert und ist heute durch St.Pölten u.a. zu ergänzen.
In dieser Frühzeit des Karate wurde natürlich in allen Bereichen des ÖKB umfangreich Ausbildung betrieben (Lehrwarte, Trainer, Kampfrichter, etc.).
Es wurden aber besonders in den Goju Ryu-Vereinen für die der Verfasser verantwortlich war, durch die erweiterten Informationsmöglichkeiten, Literaturstudium, Lehrvideos etc. immer öfter die Frage nach den Ursprüngen und einer “anwendungsspezifischen Grundlage” gestellt, um häufigen, teilweise unerklärbaren Änderungen in den Kata zu begegnen.
Diese bringen, wie wir alle wissen, zumindest Schwierigkeiten im praktischen Training, bei Wertungen im Rahmen von Meisterschaften, bei Plausibilitätsbetrachtungen für die Studierenden etc. Dies insbesondere deshalb, weil es bei gut ausgebildeten mündigen Karateka nicht genügt zu sagen “so muß es sein” sondern stets verständliche Erklärungen verlangt werden.
Als erfahrener HTBL-Lehrer fördert der Verfasser natürlich diese Auffassung des “Mehr wissen Wollens”.
Um dieser Forderung nun tatsächlich auch zu entsprechen, waren natürlich gezielte, jedoch weitreichende Maßnahmen notwendig.
So wurden internationale Kontakte hergestellt und im Jahr 1990 beim “2nd Chojun Miyagi Memorial” in San Diego, Cal., bei Morio Higaonna Sensei, 9. Dan, die Grundlagen für Okinawa Goju Ryu geschaffen. Von dort wies die Spur zur weiteren Vertiefung in die Ursprünge des Karate ganz klar nach Okinawa.
Über mehrere Empfehlungen konnte Kontakt zu Sensei Miyazato Eiichi, 10. Dan, Schüler von Chojun Miyagi, Gründer des Jundo-Kan, hergestellt werden.
Später wurde eine weitere Gruppe von HSV-Karateka von Miyazato Sensei als Schüler akzeptiert und trainierte mehrere Wochen in dessen Dojo in Naha. Damit wurde eine bedeutende Entwicklung in Richtung Goju Ryu Jundo-Kan für die Vereine HSV-Wien, HTBL – Goju Ryu Hollabrunn und Goju Ryu Jundo-Kan, Laa, eingeleitet.
Ogawa Sensei wurde über Ersuchen des Verfassers von Miyazato Sensei zu einem Training eingeladen, hat diese aber nicht angenommen. In den folgenden Jahren wurden seitens Mitglieder der o. a. Vereine noch mehrfach Studienreisen nach Okinawa mit mehrwöchigen Trainings bei Miyazato Sensei durchgeführt und der Schritt von Goju Kai zu Jundo-Kan vollzogen.
Als dann im Jahr 1996 mehrere Teilnehmer Dan-Prüfungen aus Goju Ryu Jundo-Kan ablegen konnten, waren die letzten Schritte zu dieser traditionellen Ausprägung eingeleitet.
Im Jahr 1997 wurde der Verfasser durch Miyazato Eiichi Sensei zum offiziellen Repräsentanten des Austrian Okinawa Goju Ryu Jundo-Kan, zum Shibucho, ernannt.
Zufolge umfangreichen Foto- und Videomaterials und vieler persönlicher Aufzeichnungen der Teilnehmer in Naha konnte der Umstieg in den drei o. g. Vereinen in knapp 2 Jahren vollzogen werden. Die entsprechenden Meldungen mit Urkundenvorlage an den Landesverband und den ÖKB wurden durchgeführt, sodaß Goju Ryu Jundo-Kan heute in Österreich eine anerkannte Ausprägung ist.
Um den Übergang zu Goju Ryu Jundo-Kan auch inhaltlich klar zu definieren und Unschärfen durch Interpretationen a priori auszuschalten wurde von den Teilnehmern an den Trainings bei Miyazato Sensei für alle Trainierenden der o. a. Vereine ein “Jundo-Kan-Handbuch” erarbeitet und vom Verfasser für verbindlich erklärt. Zusammen mit den bereits oben genannten Unterlagen stellt das zu 75% fertige “Jundo-Kan Bunkai Handbuch” (Basisbunkai für alle Goju Ryu Jundo-Kan Kata) eine geschlossene Dokumentation für Goju Ryu Jundo-Kan dar, deren Inhalt auf den Trainings bei Miyazato Sensei, 10. Dan, und Tetsnosuke Yasuda, 10. Dan, basiert und daher per definitionem keinen Änderungen durch andere Meister unterliegt.
1998 wurde statt in Okinawa in Assisi, Mittelitalien, im Rahmen des internationalen Jundo-Kan-Seminars “Karate for Peace” – “World Jundo-Kan Gasshuku” mit den Meistern Hichiya San, 10. Dan, Sunagawa San, 5.Dan, Azuma San, 4. Dan, Taba San, 4. Dan, aus dem Dojo Miyazato Senseis trainiert und weitere internationale Kontakte hergestellt.
Auch 1999 wurde wieder eine Trainingsaufenthalt in Naha durchgeführt und letztlich die Grundlage für die Einladung von Yasuda Sensei, 10. Dan, nach Wien gelegt.
Im April 2000 war es dann so weit. Sensei Yasuda beehrte die Sektion Karate des HSV-Wien mit seinem Besuch. Er hielt nicht nur Trainings in Wien ab, sondern lehrte auch während des “Jundo-Kan Seminars 2000” in Hollabrunn. Die Teilnehmer aus dem In- und Ausland waren von seinem Wissen und Können tief beeindruckt.